23. Juni 2021

dbb sh zur 49. Tagung des Landtages: Die Bestenauslese darf nicht infrage gestellt werden

„Bei der Besetzung freier Stellen muss die Bestenauslese das maßgebende Prinzip bleiben, um einen leistungsfähigen und unabhängigen öffentlichen Dienst zu gewährleisten“ stellt dbb Landesvorsitzender Kai Tellkamp klar. Dies gelte ungeachtet der Landtagsbeschlüsse beziehungsweise -debatten in zwei speziellen Bereichen: bei der Besetzung von Schulleitungen sowie bei Entscheidungen des Richterwahlausschusses.

 

Der Landtag hat eine Änderung des Schulgesetzes beschlossen, wonach schulinterne Bewerbungen grundsätzlich erst bei einer wiederholten Ausschreibung berücksichtigt werden sollen. Auch wenn dies auf schulspezifischen Überlegungen fußen mag, darf sich daraus aus Sicht des dbb sh kein darüberhinausgehender beziehungsweise grundsätzlicher Trend entwickeln. „Interne Kolleginnen und Kollegen gehören nicht aufs Abstellgleis, sondern auf eine Spur mit fairen Karriereperspektiven“, so Tellkamp mit Blick auf die vielfältige Behördenstruktur.

Auch die Debatte über den Richterwahlausschuss betrifft die Bestenauslese. Diesem Gremium, in dem Landtagsabgeordnete die größte Gruppe bilden, obliegt die Auswahl bei der Besetzung von Richterstellen. Hier wird jedoch fraktionsübergreifend ein größerer Entscheidungsspielraum gefordert. Um sich nicht darauf beschränken zu müssen, beste Beurteilungen zu bestätigen, will man sich nur noch von der Bestenauslese „leiten lassen“. Dabei darf allerdings nach Auffassung des dbb sh nicht das Vertrauen in die unabhängige Justiz gefährdet werden.

Die Bestenauslese ist bereits im Grundgesetz verankert. Danach ist der Zugang zu öffentlichen Ämtern allein von Eignung, Leistung und fachlicher Befähigung abhängig. Das für entsprechende Feststellungen in der Regel maßgebende Beurteilungswesen ist allerdings ein konfliktträchtiges Feld. Vor diesem Hintergrund hat der dbb sh nicht nur Vorschläge entwickelt, das Beurteilungswesen mit dem Ziel einer größtmöglichen Akzeptanz zeitgemäßer auszugestalten. Darüber hinaus sollten alternative Möglichkeiten der Bestenauslese eine ergänzende Rolle spielen. Am Ende kommt es aber darauf an, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch der Beschäftigten inklusive der gerichtlichen Überprüfbarkeit nicht beeinträchtigt wird.

Weiteren Themen der Landtagssitzung

Dem Landtag liegt ein Antrag zur Änderung des Landesbeamtengesetzes vor. Dabei geht es um die Übernahme von Schmerzensgeldansprüchen durch den Dienstherrn auch in solchen Fällen, in denen der Wohnsitz des Anspruchsgegners nicht ermittelbar ist oder dieser für schuldunfähig erklärt wird. Der Gesetzentwurf wurde von der SPD-Fraktion eingebracht, die wiederum auf eine Anregung im Tätigkeitsbericht der Polizeibeauftragten reagiert hat. Die gesetzliche Regelung wäre jedoch nicht auf den Polizeibereich beschränkt, sondern würde alle betroffenen Beamtinnen und Beamten erfassen. Aus Sicht des dbb sh handelt es sich um eine begrüßenswerte Initiative, die Jamaika-Koalition will eine Prüfung vornehmen.

Darüber hinaus war der gesamte Bericht der Polizeibeauftragten Samiah El Samadoni (Berichtszeitraum Oktober 2018 bis September 2020) Gegenstand der Beratung. Danach wurden 504 Fälle bearbeitet - 308 aus der Polizei und 190 von Bürgern. Aus Sicht des dbb sh ist die Arbeit der Polizeibeauftragten sinnvoll - das gilt natürlich auch für die Zusammenarbeit unserer Mitgliedsorganisation DPolG mit der Polizeibeauftragten.

Handlungsbedarf sieht die Polizeibeauftragte insbesondere in einer Optimierung der Kommunikation zwischen Polizei und Bürgern sowie im Umgang mit der Remonstrationspflicht. Auch der dbb sh weist immer wieder auf die hohe Bedeutung dieser beiden Themenbereiche hin - übrigens nicht nur bezogen auf die Polizei, sondern auf den gesamten öffentlichen Dienst.  Ein positiver Trend setzt nach unserer Überzeugung eine ausreichende Personalausstattung und eine hohe Qualifikation auch der Führungskräfte voraus.

Der Landtag debattierte auch über die Digitalisierung in den Schulen. Beschlossen wurde ein Antrag der Koalitionsfraktionen mit dem Ziel, "mit Auslaufen des Digitalpaktes Schule 2024 eine nachhaltige Strukturierung und Finanzierung der Bildungsdigitalisierung zwischen Bund, Land und Schulträgern erreicht zu haben und damit digitale Schule nachhaltig ausgestattet zu haben. Aus Sicht des dbb sh wird damit allerdings eher ein Problem beschrieben statt eine Lösung herbeigeführt. Jene wird nach wie vor durch eine unzureichende Abgrenzung hinsichtlich Zuständigkeiten und Finanzierungsverantwortung erschwert, zumal damit ein hoher Bürokratieaufwand einhergeht. Leidtragende sind Lehrkräfte, Kinder und Eltern. Die Lehrerverbände unter dem Dach des dbb sh nehmen mit großem Sachverstand die Interessenvertretung der Beschäftigten wahr.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes wurde ohne Aussprache abgelehnt. Der von der SPD-Fraktion eingebrachte Entwurf zielte darauf ab, Infektionskrankheiten ausdrücklich in das im Beamtenversorgungsrecht geregelte Dienstunfallrecht aufzunehmen, um Beamtinnen und Beamten, die infolge ihres Dienstes an einer Infektion erkranken, die entsprechende Unfallfürsorge leichter zukommen zu lassen. Der dbb sh hat in seiner schriftlichen Stellungnahme bestätigt, dass die Unfallfürsorge in derartigen Fällen gewährleistet sein muss. Jedoch wäre eine spezielle Regelung im Dienstunfallrecht, die nicht eindeutig dem Dienstrisiko, sondern grundsätzlich eher dem Lebensrisiko zuzuordnen ist, systemwidrig und könnte sich mittelfristig zu einer grundsätzlichen Gefährdung des besonderen Dienstunfallrechts entwickeln. Deshalb hat der dbb sh dazu geraten, zunächst auf die Wirkung eines in Abstimmung mit dem dbb sh herausgegebenen Erlasses der Landesregierung, der eine Anerkennung als Dienstunfall erleichtert, zu setzen. Nur wenn sich herausstellt, dass die Erlassreglung unzureichend fruchtet, sollte eine Gesetzesänderung erwogen werden.

Endgültig beschlossen wurde dagegen eine umfangreiche Modernisierung des Justizvollzugs in Schleswig-Holstein. Resozialisierung, Sportangebote und Datenschutz sind die Schwerpunkte des 594-seitigen Änderungsgesetzes. Der dbb sh erinnert daran, dass in den letzten Jahren infolge von Reformen im Justizvollzugsbereich erhebliche Defizite in der Personalausstattung entstanden beziehungsweise sichtbar geworden sind. Auch unsere Fachgewerkschaft BSBD schlug Alarm. Auf der Basis einer Personalbedarfsanalyse wurde ein Personalaufbauplan beschlossen. Die diesbezüglichen Entwicklungen werden wir weiter im Blick behalten müssen, um die Belastung und die Sicherheit der Beschäftigten im Griff behalten zu können. Im Justizvollzug des Landes sind derzeit rund 800 Bedienstete beschäftigt.

Unter dem Tagesordnungspunkt "Daseinsvorsorge in der Gesundheitsvorsorge und Pflege sichern" hat die SPD-Fraktion einen 14 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog vorgelegt, der allerdings überwiegend eher die Bundespolitik betrifft. Aus Sicht des dbb sh wird darin zwar richtig analysiert, dass die Gesundheitsversorgung und Pflege ein Kernbereich der staatlichen Daseinsvorsorge ist, aber leider falsch geschlussfolgert, dass die Bürgerversicherung ein geeignetes Instrument sei. Zu der in diesem Zusammenhang bedeutsamen Diskussion über die pauschale Beihilfe hatte der dbb sh sich in einer Stellungnahme bereits positioniert.

Auch für diverse weitere Themen der Landtagssitzung gilt: Der Wert und die Qualität politischer Beschlüsse werden in ihrer Umsetzbarkeit deutlich. Jene gelingt nur mit ausreichenden Ressourcen, auch in personeller Hinsicht. Diese Erfordernisse werden meistens unzureichend beachtet, hier ist die Einführung und Beachtung von Mindeststandards in der politischen Arbeit notwendig.

Mitglieder-Info auf der Basis dieser Meldung

Quelle: dbb Landesbund Schleswig-Holstein