Die Vorsitzende der Frauenvertretung des dbbsh, Waltraud Kriege-Weber, hat am 14. Juni 2023 in Berlin an der 17. Frauenpolitischen Fachtagung mit dem Thema „Hinsehen, Einschreiten, Vorbeugen – Null Toleranz bei sexueller Belästigung, Gewalt und Mobbing“ teilgenommen.
Milanie Kreutz, die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung und stellv. Bundesvorsitzende des dbb benannte als einzigen Maßstab für das Vorliegen einer sexuellen Belästigung das Empfinden des Opfers, und nicht des Täters. Benötigt werde eine Null-Toleranz-Grenze bei sexueller Belästigung. Die vorgeschriebene AGG-Beschwerdestelle beim Arbeitgeber ist den Betroffenen häufig nicht bekannt und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss novelliert werden.
Katrin Walter, Abteilungsleiterin Öffentlicher Dienst im BMI betonte, dass jeder Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung sexualisierte Gewalt sei. Unterscheiden muss man zwischen häuslicher- bzw. partnerschaftlicher Gewalt. Darüber hinaus kommt im ÖD Gewalt von Dritten gegen Beschäftigte des ÖD hinzu. Gegen interne Gewalt durch Vorgesetzte oder aus dem Kollegenkreis muss vorgegangen werden. Dienstvereinbarungen zum Thema „Gewaltprävention“ sind ein wichtiges Mittel, doch sie müssen auch in den Dienststellen selbst gelebt und eingehalten werden.
Der dbb Bundesvorsitzende, Ulrich Silberbach, verwies auf die Forsa-Umfrage im Auftrag des dbb im Jahre 2019 („Gewalt gegenüber öffentl. Bedienstete“) und forderte einen wirksamen Schutz, eine verstärkte Prävention und eine konsequente Verfolgung bei sexueller Belästigung, Gewalt und Mobbing im ÖD.
Auch Dr. Sabine Jenner von der Charité in Berlin wies daraufhin, dass die Betroffenen die Würdeverletzung bestimmen. Jede Person habe andere Grenzen auf einer Skala, die von angenehm über akzeptabel und erträglich bis belästigend und darüber hinaus reicht. Grenzverletzende Kommunikation betrifft vornehmlich Frauen mit folgenden Merkmalen: jung, introvertiert, mit geringem Bildungsniveau, auf hierarchisch niedrigerer Position, aber auch Frauen in Führungspositionen und LGBTQ-Personen. Besonders schwerwiegend sind sexuelle Belästigungen durch Vorgesetzte, weil hier immer wieder berufliche Vorteile bzw. Nachteile damit verbunden sind. Kurzum: Es geht um einen Missbrauch von Abhängigkeit. Möglich sind solche Belästigungen nur aus dem Wissen heraus, dass keine Ahndung erfolgt. Viele Grenzüberschreitungen werden durch retraumatisierende Erlebnisse aus der Kindheit, der Schule oder auch der Partnerschaft verstärkt. Ein Ausweichen in Vermeidungsstrategie verstärkt aber die Situation häufig noch. Es gibt kein allgemeines Verhaltensmuster in solchen Situationen. Ein Herauskommen ist häufig nicht ohne Risiko für die betroffene Person möglich. Welche Konsequenzen hat eine Anzeige? Bedeutet sie ein Karriereende?