Aufsicht über berufsbildende Schulen, Tarifbindung, Durchführung des Rettungsdienstes, Personalstrategie im Justizbereich, Krankengeld für die Betreuung erkrankter Kinder, Inklusion in Schulen, Erzieher-Ausbildung oder Berufsbezeichnungen in der Pflege - der Landtag hat sich in seiner jüngsten Tagung wieder mit diversen Themen befasst, die für den dbb beziehungsweise seine entsprechenden Fachgewerkschaften und ihre Mitgliedern relevant sind.
Hier eine beispielhafte Kurzdarstellung auf der Grundlage entsprechender Landtagsinformationen gegebenenfalls mit ergänzenden Anmerkungen:
Aufsicht über berufsbildende Schulen
Die Aufsicht über die schleswig-holsteinischen Schulen erfolgt derzeit in einer zweistufigen Behördenorganisation. Das Bildungsministerium ist oberste Schulaufsichtsbehörde und nimmt die Schulaufsicht über Gymnasien, Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe und den berufsbildenden Schulen wahr. Im Übrigen wird die Schulaufsicht durch die Schulämter in den Kreisen und kreisfreien Städten als untere Landesbehörden wahrgeommen. Die Landesregierung möchte die Zuständigkeit für die beruflichen Schulen aus dem bisherigen System herauslösen und beim Schleswig-Holsteinischen Institut für berufliche Bildung (SHIBB) als neue obere Schulaufsichtsbehörde unter dem Dach des Wirtschaftsministeriums ansiedeln. So sollen die Kompetenzen für berufliche Bildung unter einem Dach gebündelt werden. Einige Stimmen loben eine damit einhergehende Kompetenzbündelung, andere kritisieren ein drohendes Kompetenzwirrwarr. Es bleibt abzuwarten, ob der Bindungsausschuss Klarheit schafft. Dorthin ist der Gesetzenzwurf, der übrigens auch ein Anpassungsbedarf des Mitbestimmungsgesetzes auslöst, überwiesen worden. Der dbb ist beteiligt.
Tarifbindung
Unter Tarifbindung versteht man die zwingende Anwendung von Tarifverträgen infolge der Mitgliedschaft von Arbeitnehmern in Gewerkschaften. Die SPD moniert eine rückläufige Tarifbindung auch in Schleswig-Holstein und beantragt die Beschlussfassung über ein Maßnahmenpapier, das z.B. die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Voraussetzung knüpft, dass bei den Auftragnehmern Tarifverträge Anwendung finden. Die Regierungsfraktionen verweisen auf damit einhergehende Bürokratie und europarechtliche Hürden, der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
Aus Sicht des dbb sh ist das Kernproblem, dass viele Beschäftigte eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft für nicht erforderlich halten, womit sie sich allerdings selber schwächen. Das gilt sogar für den öffentlichen Dienst: Hier wird zwar die Anwendung von Tarifverträgen arbeitsvertraglich vereinbart, aber was die Tarifverträge tatsächlich hergeben, ist nun einmal von der Mitglieder- und damit Durchsetzungsstärke der Gewerkschaten abhängig.
Durchführung des Rettungsdienstes
Bereits seit längerem diskutiert der Landtag über Anpassungen des Rettungsdienstgesetzes. In Schleswig-Holstein sind die elf Landkreise und die vier kreisfreien Städte Aufgabenträger. Sie können die Aufgabe selber - ggf. in Kooperation - wahrnehmen oder sich der Hilfe Dritter bedienen. Im Landtag geht es im Kern darum, es den Rettungsdienstträgern zu ermöglichen, auch ohne eine europaweite Ausschreibung und weitere Bedingungen die Vergabe von Leistungen für den Rettungsdienst vorzunehmen, etwa an Hilfsorganisationen oder private Anbieter.
Der dbb sh hat sich gegenüber dem Landtag bereits klar positioniert: Aus unserer Sicht ist und bleibt es von zentraler Bedeutung, dass der Rettungsdienst als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge angesehen wird. Das bedeutet für uns auch, dass die Durchführung des Rettungsdienstes durch die Gemeinwohlorientierung und nicht durch wirtschaftliche Interessen geprägt ist. Dabei ist zu vermeiden, dass aus Wettbewerbsgründen ein Druck auf Kosten, insbesondere auf Personalkosten, generiert wird. Deshalb ist der Rettungsdienst innerhalb öffentlich-rechtlicher Strukturen und damit im Geltungsbereich der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst zu erbringen.
Personalstrategie im Justizbereich
Immer wieder weisen unsere Justizgewerkschaften darauf hin, dass die Arbeitsbelastung viel zu hoch und Abhilfe erforderlich ist. Die Politik scheint zumindest schrittweise die Realiät nicht mehr auszublenden. Die Zahl der Ausbildungsplätze für den Strafvollzug sollen auf jährlich 50 verdoppelt werden. Die siedelt von Neumünster in die neue Justizvollzugsschule Boostedt um. Einen Ortswechsel gibt es übrigens auch für die Justizfachwirte: Sie lernen ihren Beruf künftig statt in Lübeck an der Verwaltungsschule Bordesholm.
In der Parlamentsdebatte ging es auch um die Rechtspfleger. Rechtspfleger sind neben Richtern und Staatsanwälten ein selbständiges Organ der Rechtspflege. Sie dürfen unabhängig von Weisungen eines Vorgesetzten Entscheidungen treffen und übernehmen viele Aufgaben, die früher von Richtern erledigt wurden. Dazu zählen beispielsweise Einträge ins Grundbuch und Erbschaftsangelegenheiten, aber auch Mahnverfahren und Zwagsvollstreckungen. Dieser Katalog soll - allerdings zunächst moderat - ausgeweitet werden, nämlich um Handelsregisterangelegenheiten. Auch hier mangelt es aber an personellen Kapazitäten.
Wie in anderen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes müssen nach Überzeugung des dbb die Arbeits- und Einkommensbedingungen attraktiver werden, um Personal im ausreichendem Umfang zu gewinnen. Hierzu liegen diverse Vorschläge des dbb auf dem Tisch.
Krankengeld für die Betreuung erkrankter Kinder
Wenn ein Kind krank ist, können freie Tage und Kinderkrankengeld nur beansprucht werden, wenn das erkrankte Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die Parteien sind sich offenbar einig, dass die Altersgrenze auf das 14. Lebensjahr angehoben werden sollte. Da die in Bezug genommene Rechtsgrundlage jedoch ein Bundesgesetz (SGB V) ist, kann der Landtag eine Änderung gar nicht herbeiführen. Er muss sich darauf beschränken, die Landesregierung aufzufordern, sich auf Bundesebene für eine Änderung einzusetzen. Offenbar hat der Landtag nicht bedacht, dass es sehr wohl eine Möglichkeit gibt, das erklärte Ziel für viele betroffene Eltern in Schleswig-Holstein direkt umzusetzen. Die für Beamtinnen und Beamte des Landes und der Kommunen geltende Rechtsgrundlage des Landes sieht nämlich ebenfalls lediglich eine Freistellungsmöglichkeit vor, wenn das kranke Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Der dbb wird die Landespolitik auf die ungeahnte Möglichkeit aufmerksam machen, ihre Beschlüsse auch tatsächlich umzusetzen.
Inklusion an Schulen
Der Landtag hat einen umfassenden Bericht zur Inklusion an Schulen vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass Schleswig-Holstein mit rund 70 Prozent eine der bundesweit höchsten Inkusionsquoten aufweist. Allerdings gibt es auch Unterschiede bei den Qualitätsstandards und Modellen. Hier soll nachgearbeitet werden. Der Bericht wird in den Ausschüssen weiter beraten. Aus Sicht des dbb sh und seiner Lehrerverbände ist der Personalmangel ein wesentliches Problem, was übrigens bereits vom Landesrechnungshof grundsätzlich bestätigt wurde.
Erzieher-Ausbildung
Der Bund hat finanzielle Mittel bereitgestellt, um die sogenannte praxisintegrierte Erzieher-Ausbildung zu fördern. Diese Förderung läuft nun früher als ursprünglich vorgesehen aus. Der Landtag verabschiedete einen Antrag der Koalition, der die Landesregierung auffordert, sich für eine weitere Bundesförderung einzusetzen.
Aus Sicht des dbb sh ist klar, dass zu einem familienfreundlichen Land auch ausreichend qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher gehören. Aus der Kita-Reform des Landes erwächst ein zusätzlicher Personalbedarf. Es ist ein Armutszeugnis, dass die Finanzierung der Ausbildung ein Problem darstellt. Eine gesamtstaatliche Lösung ist überfällig.
Berufsbezeichnungen in der Pflege
Die Pflegekammer und Personalmangel sind seit langem gleichermaßen diskutierte und ungelöste Pflege-Themen. In der letzten Landtagssitzung ging es zur Abwechslung um Berufsbezeichnungen. Anlass ist die erfolgte Zusammenführung der Ausbildungen in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zu einem einheitlichen Berufsbild. Die neue Berufsbezeichnung lautet "Pflegefachfrau" beziehungsweise "Pflegefachmann". Die Bezeichnungen "Krankenschwester" oder "Kinderpflegerin" gehören der Vergangenheit an. Jetzt gilt es, auch die landesrechtlichen Vorschriften anzupassen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde an den Sozialausschuss überwiesen.