11. Juni 2020

Pressekonferenz des dbb sh Aktuelle Forderungen im Lichte der Pandemie

Der dbb schleswig-holstein hat im Rahmen einer Pressekonferenz drängende Themen für den öffentlichen Dienst in das öffentliche Blickfeld gerückt. Dabei geht es um die Einkommensentwicklung, das vorhandene Potential für eine zeitgemäße Verwaltung sowie den Umgang mit öffentlichen Finanzen. Ergänzend wurde ein praktischer Einblick in die aktuelle Lage verschiedener Aufgabenbereiche des öffentlichen Dienstes gegeben.

dbb Landesbundvorsitzender Kai Tellkamp hat die übergreifenden Kernthemen vorgestellt. "Verzicht wäre ein völlig falsches Signal, aber Augenmaß ist gefragt", ist die Botschaft bezüglich der in diesem Jahr zu treffenden Entscheidungen zu Einkommensentwicklungen. Dabei geht es um die Tarifrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen sowie um die Besoldungsstrukturreform für die Beamtinnen und Beamten des Landes und der Kommunen. Insgesamt sind gut 100.000 Kolleginnen und Kollegen in Schleswig-Holstein betroffen. Was die Tarifrunde angeht, wird sich in der nächsten Woche zeigen, ob die Arbeitgeber zu einer einvernehmlichen Übergangslösung bis Anfang des nächsten Jahres bereit sind oder ob eine Kündigung des Tarifvertrages notwendig wird. Hinsichtlich der Besoldungsstrukturreform plädiert der dbb für einen weitergehenden Ausgleich der fortwirkenden Besoldungskürzung infolge der Streichung des Weihnachtsgeldes.

Die Verwaltung sieht der dbb sh nicht durchgängig zeitgemäß aufgestellt. "Im Grunde verstoßen wir täglich gegen die Landesverfassung", so der bewusst provozierende Kommentar der dbb Landespitze. Laut Verfassung muss sich die Organisation der Verwaltung und die Ausgestaltung der Verwaltungsverfahren nämlich an den Grundsätzen der Bürgernähe, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit orientieren. Die Beschäftigten stoßen dabei jedoch viel zu oft an Grenzen, die durch praxisferne Vorgaben und unzureichende Ressourcen gesetzt werden.

Auch die öffentlichen Finanzen geben dem dbb sh Anlass zur Sorge. Das betrifft auch die politischen Entscheidungsprozesse. "Nur die Hand heben für Gesetze reicht nicht - es muss auch für Hände und Köpfe gesorgt werden, die sämtliche Beschlüsse professionell umsetzen". Dabei handelt es sich gewissermaßen um ein Grundproblem, denn Aufgaben- und Personalbestand passen in vielen Dienststellen einfach nicht zusammen.

Info-Dienste auf der Grundlage der Pressemitteilungen:

Ergänzend wurde anhand praktischer Beispielen ein Einblick gegeben in einige Aufgabenbereiche des öffentlichen Dienstes, die besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Pandemie ausgesetzt sind. Diese Beispiele zeigen, stellvertretend für alle anderen Aufgabenbereiche, dass der öffentliche Dienst zuverlässig, flexibel und professionell für einen funktionierenden Staat sorgt.

Für die Arbeitsverwaltung erklärte Agnes Ranke (vbba), dass die soziale Absicherung der Bürger zum Beispiel infolge Kurzarbeit zu erheblichen Mehrbelastungen geführt hat. Viele Kolleginnen und Kollegen haben sich dieser Aufgabe angenommen und mussten zum Beispiel kurzfristig von der Berufsberatung auf Kurzarbeitbearbeitung umstellen. Häufig musste auch Samstags gearbeitet werden, um die Menschen nicht im Regen stehen zu lassen.

Für die Schulen hob Jens Finger (PhV) hervor, dass auch die Lehrkräfte zusätzlichen Belastungen ausgesetzt sind. Neben Präsentunterricht musste digitaler Unterricht auf die Beine gestellt werden. Anders als im öffentlichen Dienst üblich, verfügen die meisten Lehrkräfte weder über eine dienstliche Mail-Adresse oder ein Endgerät. Zudem mangelt es an Konzepten, die Lehrkräfte im Umgang mit digitaler Technik zu qualifizieren.

Auch bei der Polizei waren die Auswirkungen der Pandemie deutlich spürbar, wie Torsten Gronau (DPolG) erläuterte. Dabei kommt aber das Homeoffice im operativen Dienst natürlich so gut wie nicht in Frage. Jedoch mussten sich die Vollzugskräfte auf ständig neue Auflagen und Vorgaben einstellen, die kontrolliert und durchgesetzt werden mussten. Dabei war auch eine besondere Kommunikationsstärke gefragt, zum Beispiel bei der Eindämmung des Tagestourismus. Eine große Herausforderung war und ist auch die Beachtung des Eigenschutzes der Einsatzkräfte, der beim Umgang mit uneinsichtigen Bürgern eine wichtige Rolle spielt. Weiterhin ist ein gestiegener Aufwand im Zusammenhang mit Gewalt in Familien zu verzeichnen. Gronau appellierte auch an Jugendämter und Kindertagestätten, wachsam zu sein und Auffälligkeiten zu thematisieren.

Harm Thiessen (DStG, gleichzeitig stv. dbb Landesbundvorsitzender) konnte gewissermaßen über eine "Kehrtwende" bei den Finanzämtern berichten. Momentan geht fast schon eher Geld raus statt rein. Stundungen oder Veränderungen bei Vorauszahlungen sind dafür beispielsweise verantwortlich. Hier geht es ebenfalls darum, belastende Pandemie-Auswirkungen abzumildern. Doch irgendwann müssen auch die zusätzlichen Milliardenausgaben wieder reingeholt werden. Völlig unklar ist, wie die Finanzämter, die zu den nachweislich unterbesetzten Dienststellen zählen, das leisten sollen.

Quelle: dbb Landesbund Schleswig-Holstein